Benigne Prostatahyperplasie

Die benigne Prostatahyperplasie (BPH) entsteht durch eine Hyperplasie der Übergangszone der Prostata und weist eine altersabhängige Prävalenz auf. Genetische Prädisposition, Übergewicht, fettreiche Ernährung, Alkohol und Rauch sind häufige Ursachen für die Entwicklung einer BPH. Ausreichende Bewegung und regelmäßige sportliche Betätigung sind hingegen wichtige positive Einflussfaktoren. Die Inzidenz der BPH fällt mit dem Alterungsprozess des Mannes zusammen. Circa 50% der Männer in der sechsten Lebensdekade und bis 90% der 90-Jährigen haben eine BPH.

Die BPH ist eine häufige Ursache für Beschwerden des unteren Harntraktes, die unter dem Akronym LUTS (lower urinary tract symtoms) zusammengefasst werden. Die LUTS können in Harnspeicher-, Harnentleerung und Postentleerungsstörungen eingeteilt werden, die Beschwerden korrelieren jedoch nicht direkt mit dem Prostatavolumen und eine BPH ist nicht zwangsläufig symptomatisch. Querschnittsstudien haben nämlich gezeigt, dass bei den 50 bis 59-Jährigen etwa 20% aller Männer mittlere bis schwere Symptome angeben. In der Gruppe der über 70-Jährigen sind es etwa 40%.

Der Begriff BPH sollte nur verwendet werden, wenn eine histologische Sicherung vorliegt, ansonsten ist der Begriff LUTS eine genauere Bezeichnung.

Um die Ursache der LUTS genauer zu identifizieren, empfehlen die internationalen Leitlinien als ersten Schritt die Durchführung einer akkuraten Anamnese auch mithilfe von validierten Fragebögen wie der International Prostate Symptom Score (IPSS) und der International Index for Erectile Function (IIEF) und Miktionstagebücher. Zum Beispiel kann mit dem IPSS die Symptomatik der Patienten objektiv in mild (IPSS < 8), mittel (8 ≤ IPSS ≤ 19) und schwer (20 ≤ IPSS ≤ 35)  eingeteilt werden.

Die digitale rektale Untersuchung (DRU) ist die einfachste Methode für die Einschätzung des Prostatavolumens und die Identifikation pathologischer Veränderungen. Die meisten Prostatakarzinome entstehen z.B. in der peripheren Zone und können nur in circa 18% der Fälle durch die DRU entdeckt werden. Eine verdächtige DRU in Patienten mit einem PSA ≤2 ng/ml hat einen positiven Vorhersagewert von nur 5-30%. Die Sensitivität und Spezifität der DRU sind somit sehr gering und als alleiniges Früherkennungsdiagnostikum ungeeignet.

Genauere Informationen über Prostatavolumen und –morphologie gibt der transrektale Ultraschall (TRUS). Der TRUS ermöglicht auch die Erkennung eines, meist urodynamisch besonders relevanten, vergrößerten Mittellappens.

Zusammen mit einer Harnflussmessung und einem Ultraschall der Nieren, Prostata, Blase sowie einer Restharnbestimmung kann das Progressionsrisiko relativ gut eingeschätzt werden, sodass mit dem Patienten eine eventuelle Therapie besprochen werden kann.

Männern mit milder Symptomatik sollte als erster Schritt eine Lebensstiländerung geraten werden. Bei relevanter Symptomatik kann eine Therapie mit a-Blockern begonnen werden. a-Blocker haben einen sehr raschen Wirkungseintritt, verringern jedoch das Risiko eines Harnverhaltes und die Notwendigkeit eines Eingriffes nicht. Bei einem Prostatavolumen von mindestens 40ml können 5a-Reduktase Inhibitoren eingesetzt werden. Obwohl diese Medikamente das Prostatavolumen reduzieren und das Risiko eines Harnverhaltes und die Notwendigkeit eines Eingriffes verringern, tritt ihre Wirkung erst nach mehreren Monaten auf. Eine Kombinationstherapie ist bei Männern mit einem Progressionsrisiko zu empfehlen. In der Literatur findet man nur spärliche Daten über die Wertigkeit der Phytotherapeutika. Eine Empfehlung für diese Medikamentenklasse kann somit nicht gemacht werden.

Vorsorgeuntersuchung

Generell ermöglicht die Vorsorgeuntersuchung einen Überblick über den Gesundheitszustand. Die urologische Vorsorgeuntersuchung dient spezifisch zur Früherkennung von Pathologien der Nieren, Blase, Prostata und äußerem Genital noch vor dem Auftreten erster Symptome. Die österreichische Gesellschaft für Urologie und Andrologie empfiehlt ab dem 45. Lebensjahr eine jährliche Kontrolle bei einem Facharzt. Die Vorsorgeuntersuchung besteht aus vier Bausteinen: Anamnese, körperliche Untersuchung, orientierender Ultraschall und Labor.

Bei der Anamnese werden wichtige Informationen über eingenommene Medikamente, Miktionsverhalten und allgemeine Beschwerden erhoben. Die körperliche Untersuchung besteht insbesondere aus der DRU.

Ein orientierender Ultraschall der Nieren, Blase und Prostata dient zur Früherkennung von asymptomatischen Patholgien wie Nierentumore, Nieren- oder Blasensteine und BPH. Bei auffälligem Tastbefund der Genitalien, kann ein Ultraschall ergänzend sein. Laborparameter sind Teil der Vorsorgeuntersuchung. Generell ist als Basislabor Harnsediment-, PSA- und Kreatinin-Bestimmung empfehlenswert.

Die Patienten sollten in erster Linie versichert werden, dass kein definitiver Zusammenhang zwischen LUTS und Prostatakarzinom besteht und dass die Vorsorgeuntersuchung keine strickte Screeninguntersuchung ist.

Aussagekraft des PSA-Tests

PSA ist eine Serinprotease, welche zur Verflüssigung der Samenflüssigkeit dient. PSA ist organ- aber nicht karzinomspezifisch und kann daher bei benignen Pathologien wie BPH oder Prostatitis erhöht sein. Ergänzend kann daraus auch die Progression der BPH abgeschätzt werden. Das Serum PSA ist ein stärkerer Prädiktor des Prostatawachstums als das Prostatavolumen selbst und zusätzlich ein besserer Prädiktor für das Prostatakarzinom als die DRU oder TRUS. Es gibt aber keinen standardisierten pathologischen cut-off Wert für das Vorhandensein eines Prostatakarzinoms. PSA sollte patientenspezifisch und als kontinuierlicher Parameter betrachtet werden. Obwohl ein hoher PSA-Wert mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit eines Prostatakarzinoms verbunden ist, können manche Männer trotz niedrigem PSA-Wert ein Prostatakarzinom bergen und umgekehrt.

Durch ein Screeningverfahren können Erkrankungen frühzeitig entdeckt und therapiert werden, doch ist die Durchführung eines Prostatakarzinomsscreening immer noch ein sehr umstrittenes Thema. Als Gegenargument für die Früherkennungsuntersuchung steht vor allem das Risiko der Überdiagnose und Übertherapie klinisch nicht signifikanter Karzinome. Drei prospektive randomisierte Studien (PLCO, ERSPC und Göteborg Trial) haben die Reduktion der Mortalität durch die Früherkennung mit DRU und PSA untersucht. Nach über 10 Jahren Beobachtungszeit konnte einerseits eine signifikante Reduktion der Inzidenz von metastasierter Erkrankung bei Erstdiagnose nachgewiesen werden, Ergebnisse über das Gesamtüberleben bleiben jedoch noch kontrovers.

Die U.S. Preventive Services Task Force hatte sich 2012 gegen ein PSA-basiertes Screening geäußert. Durch die Ergebnisse der erwähnten Studien, wurde 2017 diese Empfehlung auf grad C geändert. Das heißt, dass ein PSA-Screening von den internationalen Gesellschaften immer noch nicht empfohlen werden kann, es besteht aber auch kein Einwand dagegen.

Risikokalkulatoren (z.B. ERSPC und PCPT) und molekulare Tests (z.B. Prostate Health Index test [PHI], Prostate cancer gene 3 [PCA3], Kellikrein 4 [4K]-Score, Decipher oder Prolaris) können bei der Entscheidung zwischen Biopsie, re-Biopsie oder Therapie helfen, deren Evidenzlevel ist jedoch niedrig.

Ein PSA-Screening sollte demzufolge an Patienten mit einer Lebenserwartung von mindestens 10 Jahren und erst nach Besprechung der Vor- und Nachteile angeboten werden. Die Entscheidung sollte also individualisiert erfolgen. Ein personalisiertes Screening ermöglicht, dass der richtige Patient die richtige Therapie zum richtigen Zeitpunkt bekommt.

Personalisierte Medizin

Konkordant mit den nationalen und internationalen Leitlinien empfehlen wir eine Vorsorgevisite bei männlichen und weiblichen Patienten ab 45 Jahren. Bei positiver Familienanamnese für Tumorerkrankungen oder anderen urologischen Pathologien, empfehlen wir eine erste Vorsorgevisite bereits ab 35 Jahren.

Nach einer ausführlichen Anamnesenerhebung erfolgt eine individualisierte Risikoeinschätzung für das Entstehen von urologischen Pathologien. Spezifisch für die BPH, richtet sich die Bewertung einer konservativen oder medikamentösen Therapie nach dem Therapieziel, welches sich aus der Basisdiagnostik, bestehend aus DRU, Harnanalyse, Blutabnahme, Ultraschall Harntrakt, IPSS, IIEF-5 und Harnflussmessung, ergibt.

Bei nicht eindeutigen Fällen bieten wir eine weitere Diagnostik an, die aus Zystoskopie und Urodynamik besteht. Damit werden Pathologien der Urethra und Blase ausgeschlossen sowie funktionelle Mechanismen geprüft.

Der PSA-Wert wird zu Einschätzung der Veränderung der Symptome und des Progressionsrisikos erhoben. PSA wird aber nur bestimmt, wenn ein eventuelles Prostatakarzinom die Behandlungsstrategie ändern würde. Sollte bei einer Vorsorgevisite ein erhöhter PSA-Wert auffallen und der Patient asymptomatisch sein, erfolgt anhand der erhobenen Befunde und mit dem Einsatz von Kalkulatoren wie der ERSPC eine Risikostratifizierung. Anhand der Risikoeinschätzung wird dem Patienten entweder ein kontrolliertes Zuwarten und PSA Wiederholung in einem zeitnahen Intervall oder eine Fusionsbiopsie geraten.

In unserer Ordination erhalten Patienten eine individualisierte Beratung und Therapieentscheidung, die im Rahmen der personalisierten Medizin heutzutage notwendig sind. Das Konzept One-size-fits-all ist nur mehr Historie.

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